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“If you don’t climb the great wall, you will never be a true hero” meinte Mao Zedong. Auch wenn ich seine Thesen sonst weniger unterstütze, so muss ich schon eingestehen, dass die Chinesische Mauer einen besonderen Reiz ausübt. Also wollte ich Sie in meiner Zeit in Shanghai unbedingt besuchen.

Da kam mir ein verlängertes Wochenende gerade recht. An dem Duanwu-Fest 0der besser Drachenfest wird während der Sonnenwende dem Dichter Qu Yuan gedacht, der sich zum Abschluss seines Lebens im Fluss versenkte. Der Geschichte nach versuchte die Bevölkerung noch, ihn mit Drachenbooten zu retten. Daher werden ihm zu Ehren noch heute Drachenbootrennen im ganzen Land veranstaltet. Ich wollte den zusätzlichen freien Tag jedoch lieber nutzen um die Mauer zu sehen 🙂

Erfahrungsgemäß bin ich nicht der einzige in diesem Land, der so denkt. Mir war also klar, dass ich zu extrem frühen oder späten Zeiten fahren und trotzdem viel warten musste. Aber wenigstens die Mauer wollte ich nicht in Menschenmassen untergehen sehen! Daher fing ich an zu recherchieren. Es musste bei dieser über 6000 km langen Mauer ja ein Stück geben, das touristisch nicht so angeschlossen ist… Nach ein paar Abenden im Internet surfen, stieß ich auf ein Dorf, das direkt an der Mauer liegt und in dem es ein kleines Hostel sowie Bauernunterkünfte gibt. GUBEIKOU. 150 km von Peking entfernt und gar nicht mal so schlecht zu erreichen. Ich fand eine Beschreibung, wie man einen Bus dorthin findet, der alle halbe Stunde nach Chengde fährt und in der Nähe hält. Trotz der guten Anbindung kannten meine Kollegen den Ort nicht, also war er gut genug für mich. Kurzum: Flug nach Peking und das Hostel gebucht und ab ins Abenteuer….

Anreise

Samstags ging es um 5 Uhr Morgens an den Flughafen, der schon gut Bevölkert war, anschließend mit leichter Verspätung nach Peking. Von dort fuhr ich problemlos mit der S-Bahn eine Stunde zu dem im Internet beschriebenen Busbahnhof. Perfekt. Bis hierhin. Denn von dort fuhr eben nicht alle halbe Stunde ein Bus, beziehungsweise vielleicht schon, aber die waren anscheinend ausgebucht. So genau weiß ich das nicht, denn die Frau an der Kasse konnte kein Englisch, ich kein Chinesisch und der junge Mann, den ich gefragt habe, ob er mir helfen kann, nur gebrochenes Englisch. Anhand der Menge von Menschen, die hier auf einen Bus wartete, habe ich mir das so aus dem Chinesisch der Kassiererin hergeleitet. Also hieß es zweieinhalb Stunden auf den Bus warten. Genug Zeit rauszufinden, ob ich denn auch wirklich das richtige Ticket gebucht habe. Denn der Preis dafür kam mir etwas teuer vor und die Kassiererin redete immer wieder von Chengde und nie von Gubeikou. Außerdem wusste ich gar nicht, von welchem Gate der Bus losfährt. Also fragte ich den helfenden, jungen Mann, ob der Bus auch in Gubeikou hält, genauso wie die Frau an der Rezeption und einen weiteren Mitbürger und zur Sicherheit eine weitere Frau an der Rezeption. Und immer wieder bekam ich die gleiche Antwort auf die Frage, ob der Bus auch in Gubeikou anhält: “Yes, Yes”. Ich weiß zwar schon, dass du hier oft die Antwort “Yes, Yes” bekommst, wenn dein Gegenüber dich nicht versteht. Ich dachte allerdings, dass unter 5 “Yes, Yes” wenigstens ein richtiges Ja war. Ich lernte: Alle “Yes, Yes” bringen nichts, wenn der Busfahrer “No” sagt. So bei mir geschehen. Ich war nach 2,5 Stunden warten natürlich entsprechend gut gelaunt. Daher habe ich mich einfach in den Bus gesetzt und laut gesagt “I want to Gubeikou” “You drive to Gubeikou” “I have a ticket” “I paid the Ticket” “No, I will not leave the bus!” Busfahrer: “NO NO NO” Ich: “I want to Gubeikou”. Nach ein paar Wiederholungen dieses Schauspiels, erbarmte sich einer der Mitreisenden dem Busfahrer meine Sicht der Dinge zu übersetzen. Außerdem handelte die Frau aus, dass der Busfahrer ganz in der Nähe für mich anhalten könne. Ich könnte mir von dort aus ein Taxi nehmen für die letzten 13 km. Das war Okay für mich. Bis ich wir anhielten und mir gesagt wurde, das sei jetzt der Punkt an dem ich aussteigen sollte. Dieser Rastplatz war tatsächlich nur 13 km von Gubeikou entfernt. Die Taxis anscheinend mindestens genauso weit weg. Es hat mich ein wenig daran erinnert, wie ich mit einer Freundin in Peru morgens in der Wüste ausgesetzt wurde. Jetzt weiß ich, wofür diese Situation vor zwei Jahren gut war. Sie hat mir geholfen, die Zeit am Rastplatz in China ohne eine Panikattacke zu überstehen. Ich fand eine Frau, die Lebensmittel verkaufte. Und siehe da: Sie kannte ein Taxi. Ich schätze zwar fast, es war ihr Mann, der 100 RMB für die 13 km Safari nach Gubeikou einsteckte. Das war mir egal, Hauptsache angekommen. Ich fühlte mich nach über 13 Stunden Reise sogar schon ein wenig Heldenhaft 😉

 

Die ersten Schritte

Am zweiten Tag sollte es nun auf die Mauer. Da ich wusste, dass es Nachmittags echt heiß werden kann, dachte ich mir, dass ich früh aufsteige. Also ging es um halb Neun hoch. Leider waren es schon um 9 Uhr 30 °C. Auf der Mauer gibt es keinen Baum. Auf der Mauer ist es auch manchmal etwas steil. Das ist weniger ein Spaziergang, mehr eine Wanderung durch Alpines Gelände. Aber nun genug geheult. Jeder Schritt in der Sonne hat sich gelohnt. Denn ich hatte wahrlich den richtigen Abschnitt gewählt. Es war nichts los. in den 4 Stunden, in denen ich mich auf der Mauer oder neben ihr aufgehalten habe, habe ich vielleicht 10 Personen getroffen. 4 davon aus unserem Hostel. Die Ruhe war überwältigend. Keine Autos. Kein Hupen. Nur Vogelgesang und das Rauschen des Windes. Zudem ist die Luft hier sehr frisch, stinkt nie, riecht eher mal nach Blumen, die am Wegesrand blühen. Auch wenn ich mich gequält habe hier zu laufen, habe ich mich mit jeder Minute erholt. Das Nächste, was ich schön fand, war der Zustand der Mauer. Hier wurde die Mauer kaum restauriert. Man sieht sie in ihrem ursprünglichen Zustand, was mir erst recht gezeigt hat, wie Gewaltig diese Mauer vor 2700 Jahren auf die Menschen gewirkt haben muss, wenn sie noch heute nichts von ihrer monumentalen Wirkung eingebüßt hat. Ein weiterer Punkt, der jede Stufe nach oben lohnt: Die Aussicht: Ich konnte mich nur schwer zurückhalten nicht ständig Panoramafotos zu schießen.

Nach 4 Stunden war ich dann durchgekocht und bereit, wieder ins Hostel zu gehen. Das Hostel war im Übrigen eine sehr positive Überraschung. der Besitzer konnte fließend Englisch und bemühte sich ständig darum, dass es seinen Gästen gut geht. Da die Gäste abends alle gemeinsam aßen, baute sich zudem eine familiäre Atmosphäre auf. Der Aufbau passte dazu auch sehr gut. Denn jedes Zimmer hatte seinen Eingang über den Innenhof, der überall Platze zum Ausruhen anbot. Und das schönste: Man konnte von hieraus mal wieder die Sterne sehen!

Der frühe Vogel…

kann mich normalerweise Mal. Aber diesmal bin ich am letzten Tag, ohne Wecker um 4 Uhr aufgewacht. Einfach weil es Hell wurde und ich mich dank der Anstrengung am Tag vorher schon um 21 Uhr ins Bett gelegt hatte. Normalerweise drehe ich mich um und schlafe weiter. Doch diesmal schoss mir in den Kopf, dass es ab 9 Uhr bestimmt wieder so heiß werden würde. Also zog ich eine halbe Stunde später los und konnte den Sonnenaufgang auf der Mauer erleben. Das war ein sehr besonders schöner Moment…. und es war auch viel angenehmer die Treppen zum höchsten Punkt der Mauer in Gubeikou zu laufen, wenn die Sonne einen nicht grillt. Außerdem konnte ich so die Aussicht ganz für mich genießen. Denn außer ein paar Wanderer, die wohl auf der Mauer geschlafen haben und einen Verrückten der die Mauer hoch joggte, traf ich niemanden. Als ich wiederum nach 4 Stunden im Hostel ankam, begrüßte mich der Besitzer zum Frühstück, dass ich auch echt verdient hatte ;).

Zurück nach Shanghai ging es dann schneller als hin. Denn das Abenteuer mit dem Bus wollte ich mir ersparen. Also mietete ich mir einen Fahrer, der mich zum Flughafen brachte… so schaffte ich die Rückreise nach Peking in 2 anstatt 7 Stunden 🙂

 

Heldenmäßig:

– 12 Sunden reisen (die letzten 150 km in 7 Stunden)

– bei 35 °C und praller Sonne auf der Mauer laufen, die alles andere als flach verläuft

– Gegen Mücken kämpfen und kapitulieren

– mit dem Busfahrer anlegen

(Mao wäre stolz auf mich 😉 )

 

Was man mitnehmen sollte:

– Ein zweites Shirt

– Sonnencreme (wann gibt’s eigentlich eine, der sich nicht mit Schweiß vermischt und in Auge läuft?)

– Sonnenschutz (Hut, Sonnenbrille)

– Viel Wasser

– und Pfeffi 🙂

Die Sterne!
« von 16 »
Gubeikou… oder wie ich zum Helden wurde
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